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Test Skoda Enyaq iV 80: Elektrisches SUV als Kombi-Nachfolger

Martin Franz
Skoda Enyaq iV

Der Enyaq wirkt ähnlich wuchtig wie der Skoda Kodiaq. Der Eindruck täuscht nicht, denn das E-SUV ist nur ein paar Zentimeter kürzer.

(Bild: Pillau)

Der Enyaq ist mit reichlich Platz und genügender Reichweite ein vollwertiges Familienauto. An einigen Dingen sollte Skoda aber arbeiten, wie ein Test zeigt.

In Westeuropa wartet eine relevante Zahl von Menschen auf einen guten, batterieelektrischen Kombi, und der Autor zählt sich ausdrücklich dazu. Vermutlich vergeblich, denn nachdem die SUV-Welle schon die Vans weitgehend fortgespült hat, dürfte der Kombi, der außerhalb von Europa kaum eine Rolle spielt, das nächste Opfer sein.

Ersetzt werden soll er durch SUVs verschiedener Spielarten, die Bandbreite reicht von aufgebockten Kleinwagen über konzeptionell absurde Coupés bis hin zu geräumigen Vertretern. Dieses Segment wird zunehmend und vorrangig elektrifiziert. Der Skoda Enyaq verbindet E-Antrieb und SUV und ist inklusive Förderung ab rund 24.000 Euro zu haben. Das kauft in dieser Form allerdings kaum einer. Die meisten Käufer greifen zum Modell mit großer Batterie. Wie sich dieser Enyaq iV 80 im Alltag bewährt, wollten wir bei einem Test herausfinden.

Der erste Eindruck ist typisch für einen Skoda: Die Nutzung der Verkehrsfläche ist hervorragend. Wer ein Elektroauto mit wirklich sehr viel Platz sucht – hier wird er fündig. Der Enyaq ist mit 4,65 m zwar etwas länger als ein VW ID.4 (Test) [1], aber auch ein paar Zentimeter kürzer als der gerade überarbeitete Kodiaq [2].

Vorn wie hinten bietet das SUV auch großgewachsenen Menschen viel Bewegungsfreiheit, dem Radstand von 2,77 m sei Dank. Die Sitze selbst sind sehr bequem und weit verstellbar, sieht man einmal davon ab, dass die Lordosenstütze keine Höhenverstellung spendiert bekommen hat. Warum die Software den elektrisch verstellbaren Fahrersitz beim Öffnen manchmal in irgendeine, zuvor nicht genutzte Position fährt, ließ sich nicht ermitteln. Dafür sind die Isofix-Haken zur Befestigung von Kindersitzen zumindest hinten sehr einfach zugänglich.

Der Kofferraum fasst mit 585 Litern mehr als manch ein Kombi, der deutlich länger ist. Wir maßen rund ein Meter in der Tiefe und in der Breite zwischen den Radhäusern und etwas mehr als einen halben zwischen Ladeboden und Rollo. These: Wer erheblich mehr Platz braucht, muss mindestens zu einem kleinen Bus wie dem Opel Zafira wechseln. Der ist dann auch variabler eingerichtet, denn Skoda hat sich die verschiebbaren Rücksitze gespart. Schade, denn damit ließe sich das hervorragende Raumangebot noch flexibler nutzen.

Bei der Gestaltung des Innenraums ging Skoda neue Wege, nur weniges wie die Schalter für die Fensterheber oder der Lenksäulenhebel für den Tempomaten sind Überbleibsel. Sie lassen sich ohne vorheriges Nachdenken blind bedienen, und das ist nicht mehr selbstverständlich. Denn die schöne neue Welt, die sich da auftut, bekommt im täglichen Umgang ein paar tiefe Kratzer. Zunächst aber das positive: Die Tasten auf dem – runden – Lenkrad verzichten auf diesen Touch-Blödsinn, der neuerdings von einigen Entwicklungsabteilungen eingebaut wird, die das vermutlich nie abseits eines Labors ausprobiert haben.

Skoda Enyaq iV 80 innen (0 Bilder) [3]

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Die Zahl der Knöpfe auf dem Steuerrad ist sinnvoll ausgesucht, mithilfe der Drehwalzen ist alles, was es dort zu bedienen gibt, schnell erledigt. Skoda hat zudem an Ablagen und ein paar fest belegte Schnellwahltasten gedacht. Dass man mit einem Griff aus dem Becherhalter eine brauchbare Ablage machen kann, finde ich ebenfalls sehr charmant.

Das 5,3 Zoll kleine Kombiinstrument lenkt nicht ab, was allerdings auch daran liegt, dass es einerseits nur sehr wenige Informationen liefert und sich andererseits auch nicht individuell einrichten lässt. In der Mitte wurde ein riesiger Bildschirm auf das Armaturenbrett gepflanzt, was im ersten Moment den ein oder anderen vielleicht beeindrucken mag. Er misst 13 Zoll in der Diagonale und hat eine Auflösung von 1920 mal 932 Pixeln. Reichlich Platz also, doch besonders geschickt wird der nicht genutzt. Auf dem "Home-Screen" lassen sich Navigation und Verbrauch nicht gleichzeitig einblenden.

Der Weg zu manch einer Information erfordert für meinen Geschmack ein paar Tapser zu viel. Das stört auch deshalb, weil die Sprachsteuerung insgesamt zwar durchaus brauchbar ist, mit der Spitzengruppe aber nicht mithalten kann. Der Befehl: "Rufe Mutti auf dem Festnetz an" führt zur Nachfrage: "Soll ich Mutti auf dem Festnetz anrufen?" Schmalsinn dieser Art sortiert hoffentlich ein Update aus. Spannend auch die Idee, "Laura" als Keyword zum Aufrufen der Sprachsteuerung zu verwenden. Damit stellen die Programmierer sicher, dass Menschen, die beispielsweise mit einem Mietwagen spontan und ohne große Vorbereitung irgendwo hin wollen, diesen Weg garantiert nicht finden.

Zum Eindruck, dass hier noch Raum für Verbesserungen bleibt, mag auch beigetragen haben, dass der vorherige Testwagen Android Automotive installiert hatte. Im Vergleich dazu wirkt nicht nur das Arbeitstempo im Skoda ein wenig zäh, die Reaktion auf Sprachbefehle zögerlich. Der direkte Umstieg zeigt, dass sich die Autohersteller, die einen eigenen Weg gehen wollen, durchaus vor Googles Avancen in diesen Bereich fürchten sollten. Denn was dort schon im ersten Anlauf gelungen ist, ist fraglos ziemlich beeindruckend.

Ziemlich ordentlich waren bislang die Testwagen verarbeitet, die uns von Skoda in die Redaktion gestellt wurden, selbst kleinere Mängel gab es nur selten. Der von uns gefahrene Enyaq aber knarzte und knirschte auf schlechten Straßen im Heck. Einen unerschütterlichen Eindruck hinterließ dieses Auto nicht, und das mit gerade einmal 5000 km auf dem Zähler. Ich hoffe für alle Enyaq-Besitzer, dass unser Testwagen ein Ausrutscher war. Falls nicht, ist das für die Summen, die der durchschnittliche Enyaq-Käufer auf den Tisch legt, bedenklich bis enttäuschend.

Skoda bietet inzwischen vier Antriebskonfigurationen an, und die von uns gefahrene ist aktuell die beliebteste. Das Basismodell hat 109 kW Motorleistung und eine 52-kWh-Batterie, der Testwagen liegt zwei Stufen in der Versions-Hierarchie darüber. Hier leistet die E-Maschine im Heck 150 kW und bietet ein maximales Drehmoment von 310 Nm. Skoda nennt 8,7 Sekunden im Standardsprint und 160 km/h Höchstgeschwindigkeit.

Je nach Ausstattung müssen in diesem Fall inklusive 75-kg-Fahrer zwischen 2,1 und 2,3 Tonnen bewegt werden. Das ist jederzeit zu spüren: Zwar setzt sich das Auto absolut ausreichend flott in Bewegung, doch der für viele E-Autos so typische Nachdruck bleibt aus. Damit kann man gut leben, doch der Eindruck vieler Testfahrer in der Redaktion war: So sehr viel weniger sollte es besser nicht sein. Das ist schon etwas bedenklich, wenn man sich einmal überlegt, hier einen Enyaq mit einer Motorisierung zu bewegen, der in der Hierarchie schon recht weit oben angesiedelt ist. Die nächste Ausbaustufe wäre der Schritt zum Enyaq 80X, der dann zusätzlich einen Asynchronmotor an der Vorderachse eingebaut [5] hat. Die Systemleistung liegt dann bei 195 kW. Mit gut 3000 Euro ist dieser Schritt aber nicht ganz billig.

Die Batterie im Modularen Elektrobaukasten setzt derzeit auf NMC-622-Zellen, die von Samsung und LG Chem zugeliefert werden. Der Materialmix liegt also bei sechs Anteilen Nickel und jeweils zwei Anteilen Mangan und Kobalt. Auch bei Volkswagen ist natürlich längst der nächste Schritt mit NMC-811-Zellen in Arbeit. Wann diese in Serie gehen, ist aber ungewiss.

Skoda Enyaq iV 80 Technik (4 Bilder) [6]

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Platz genug für ein Fach unter der Fronthaube wäre gewesen.
(Bild: Florian Pillau)

Im Testwagen war die größte derzeit lieferbare Batterie eingebaut. 82 kWh ist der Brutto-Energiegehalt, 77 davon lassen sich direkt nutzen. Aufgeladen werden kann an Wechselstrom mit bis zu 11 kW, an Gleichstrom sind 50 kW möglich. Es sei denn, der Kunde zahlt 500 Euro zu und erweitert die DC-Ladeleistung auf 125 kW. Bei Volkswagen arbeitet man aktuell an einer höheren Ladeleistung, die Rede ist von bis zu 170 kW. Im teuersten Cupra Born gibt es das schon [8]. Die gute Nachricht: Sie soll sich später auch nachrüsten lassen.

Skoda verspricht eine Reichweite von 534 km unter den Bedingungen des WLTP. Der Verbrauch soll bei 16,7 kWh/100 km liegen. Wir kamen im Test bei Temperaturen um 20 Grad – also idealen Bedingungen – auf Werte zwischen minimal 14,6 und 28 kWh. Den Minimalwert erreichte ich auf der Landstraße, der Maximalwert war nach einer flotten Autobahnetappe zu verbuchen. Der Verbrauch stieg ab 130 km/h spürbar an. Zwischen Tempo 120 und 130 lag er bei rund 22,5 kWh/100 km. Skoda bewirbt zwar offensiv einen cW-Wert von 0,257 aufwärts, benennt aber die Stirnfläche nicht. Vermutlich wird sie knapp unter der des Kodiaq liegen, bei dem sich 2,59 m2 in den Wind stellen. Ein SUV wird in diesem Bereich also immer erheblich schlechter abschneiden als ein Kombi.

Das Fahrwerk erschien mir etwas straffer als im Audi Q4 e-tron abgestimmt zu sein. Allgemein ist der Enyaq keine Sänfte, sondern ziemlich mitteilsam. Allerdings war der Testwagen hier auch hochgerüstet. Mit 235/45- vorn und 255/40er-Reifen hinten auf 21-Zoll-Felgen war die Maximalbestückung aufgezogen. Die serienmäßigen 19-Zoll-Felgen bieten etwas mehr Flankenhöhe, filtern also schon ein wenig, bevor das Fahrwerk seine Abfangarbeit beginnt.

Trotz der straffen Grundausrichtung ist der Enyaq natürlich kein lustvoller Kurvenrenner: Er schmeißt sich nicht ins Vergnügen, sondern arbeitet sich eben durch. Für ein Familienauto finde ich das so akzeptabel gelöst, ein etwas sensibleres Ansprechverhalten der Dämpfer hätte mir aber noch besser gefallen. Auch die Lenkung bleibt hinsichtlich Präzision und Rückmeldung im unauffälligen Bereich.

Das Basismodell kostet 33.800 Euro, doch erst mit dem Aufstieg zur Variante mit 132 kW Motorleistung und 58-kWh-Batterie sind mehr als 50 kW Ladeleistung und Wärmepumpe gegen Aufpreis zu haben. Die Schritte zwischen den Modellen sind monetär ziemlich heftig: Der Enyaq 60 kostet ab 38.850 Euro, der von uns gefahrene Enyaq 80 schon 43.950 Euro. Mit etwas Farbe, Assistenz, Wärmepumpe, Schnellladefähigkeit und einer Innenraumaufwertung sind 50.000 Euro rasch zusammengestellt.

Skoda Enyaq iV 80 außen (6 Bilder) [9]

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Der Skoda Enyaq ist wuchtig gestaltet. Kaum zu glauben, dass ein Octavia sogar noch etwas länger ist.
(Bild: Florian Pillau)

Der wie immer sehr umfangreich ausgestattete Testwagen kam auf mehr als 56.000 Euro. Das erscheint üppig, wenn man den Basispreis abzüglich der Subventionen im Hinterkopf hat. Ein Hindernis scheint es aber nicht zu sein. Immerhin 6644 Enyaq wurden in den ersten acht Monaten dieses Jahres hierzulande verkauft. Andererseits könnten die Verkaufszahlen von Octavia und Superb, die vornehmlich als Kombi geordert werden, die Verantwortlichen nachdenklich machen, ob ein E-Kombi nicht vielleicht doch eine gute Idee wäre.

Der Skoda Enyaq iV 80 punktet mit viel Platz, ausreichend kräftigem Antrieb und akzeptablem Verbrauch. Sitze, Geräuschdämmung und Fahrwerk überzeugen ebenso, wobei ich eine andere Rad-Reifen-Kombination als auf dem Testwagen empfehlen würde. Das Infotainmentsystem ist für sich betrachtet in Ordnung, hier ist die Konkurrenz zum Teil aber schon einen Schritt weiter. Verwundert haben mich die Knarzgeräusche im Testwagen. Sollte das kein Ausrutscher gewesen sein, muss Skoda in diesem Bereich nachlegen. Denn der Enyaq gehört zu jenen Modellen, für die die Skoda-Kunden die höchsten Preise zahlen.

Die Kosten für die Überführung des Testwagens wurden von Skoda übernommen, jene für Fahrenergie von der Redaktion.

Modell Skoda Enyaq iV
Ausstattungslinie 80
Preis für diese Ausstattungslinie 43.950
Infotainment
USB-Anschluss Serie
Soundsystem -
Navigationssystem ab 740
Verkehrsdaten in Echtzeit mit Navi inklusive
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display 1590 (Infotainment PLUS)
Android Auto/Apple CarPlay Serie
kabelloses Laden von Handys 830 (Convenience BASIC)
Assistenz
Tempomat Serie
Einparksensoren vorn Serie
Einparksensoren hinten Serie
Einparkassistent -
Rückfahrkamera Serie
Müdigkeitserkennung 830 (Convenience BASIC)
Spurhalteassistent 790 (Fahrassistenz BASIC)
Matrix-Licht 1280 (Licht & Sicht BASIC)
Nachtsicht-Assistent -
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
elektrische Heckklappe 1420 (Convenience PLUS)
Alarmanlage 230
schlüsselloser Zugang 830 (Convenience BASIC)
Fahrwerksoption 200 (Sportfahrwerk)
Wärmepumpe 990
auf 125 kW erhöhte Ladeleistung 500
Komfort
Sitzheizung 460 (Klimatisierung BASIC)
Sitzbelüftung -
Massage 1010 (Sitzkomfort PLUS)
Ledersitze 1500 (Suite)
beheizbares Lenkrad Serie
Lederlenkrad Serie
Klimaautomatik Serie
Schiebedach 950
Akustikverglasung 830 (Convenience BASIC)
Sonstiges
Metalliclack ab 620
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand September 2021
Hersteller Skoda
Modell Enyaq IV 80
Motor und Antrieb
Heckmotor Art Synchronmotor
Leistung in kW Heckmotor 150
Drehmoment in kW Heckmotor 310
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1587
Spurweite hinten in mm 1566
Reifengröße vorn 235/45 R21
Reifengröße hinten 255/40 R21
Maße und Gewichte
Länge in mm 4649
Breite in mm 1879
Höhe in mm 1604
Radstand in mm 2765
Kofferraumvolumen in Litern 585
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 2107
Zuladung in kg bis zu 575
Batterie in kWh (netto) 77
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 8,7
Höchstgeschwindigkeit in km/h 160
Verbrauch
Verbrauch WLTP in kWh/100 km 16,7
Ladeleistung an AC in kW 11
Ladeleistung an DC in kW 50 (125 gegen Aufpreis)
Reichweite in km (WLTP) 534
Testverbrauch in kWh/100 km 14,6 bis 28
Daten Stand September 2021

(mfz [11])


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[2] https://www.heise.de/tests/Erste-Ausfahrt-mit-dem-ueberarbeiteten-Skoda-Kodiaq-RS-6124489.html
[3] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6206642.html?back=6206476;back=6206476
[4] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6206642.html?back=6206476;back=6206476
[5] https://www.heise.de/tests/Elektroauto-Skoda-Enyaq-iV-80X-im-Fahrbericht-Mehr-Kraft-verteilt-6072030.html
[6] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6206652.html?back=6206476
[7] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6206652.html?back=6206476
[8] https://www.heise.de/tests/Elektroauto-Cupra-Born-Flotter-VW-ID-3-Ableger-im-Fahrbericht-6211014.html
[9] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6206637.html?back=6206476
[10] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_6206637.html?back=6206476
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